Und sonntags auch mal zwei...
Wird die Eifel zum „Hühnerland“? Immer mehr Landwirte kaufen sich ein artgerechtes „Hühnermobil“ und stellen es auf ihre Wiesen. Die unter diesen Bedingungen von den gefiederten Produzenten gelegten Eier haben fast immer Bio-Qualität.
Dass man am Bauernhof Eier der Hofhühner kaufen kann, ist an sich nichts Neues. So war es immer schon, wird allerdings immer mehr – und das ist schon ein sichtbares Zeichen dafür, dass sich in den vergangenen Jahren in der Eifel was getan hat. Auch hühnermäßig. Eier von freilaufenden Hühnern werden eben immer beliebter.
„Das kann gar nicht schief gehen!“ Simon Metzen, 24, und der „Junior-Chef“ auf dem Weinberghof bei Kerpen ist überzeugt. Als er im April 2020 das erste „Hühnermobil“ auf einer Wiese vor dem elterlichen Bauernhof, der ein zertifizierter „Partnerbetrieb Naturschutz“ ist, aufstellte, war klar: Das müsste eigentlich klappen.
Zwei Jahre später legen seine „Lohmann-Braune“ 1750 Eier in der Woche. Seit dem vergangenen Mai wurden im zweiten „Hühnermobil“ noch einmal 450 Hühner mehr aufgestallt – macht insgesamt schon 750 Stück. Ein Verkaufserfolg, wie sich zeigen sollte: Abnehmer der Eier sind vorbeifahrende Autofahrer, etwa Touristen, Freunde regionaler Produkte aus der Umgebung oder aus dem Dorf.
Eier, Wurst, Kartoffeln, Honig: Alles gibt es im kleinen Verkaufscontainer.
Metzen schaffte sich unterdessen einen klimatisierten Container an in dem er neben den Eiern auch Wurstwaren von einem Metzger aus Stadtkyll, Kartoffeln von einem Landwirt bei Wittlich und Imkerhonig anbietet. Fertig ist das „Eierbüdchen“, innen ausgestattet mit einer Kommode und Tischchen aus einer Haushaltsauflösung, beheizbar, mit Stromleitung und frostsicher.
Bei den anhaltend niedrigen Milchpreisen ist eben auch er gut beraten, ergänzend zu den 60 Milchkühen auf dem elterlichen Hof nach einer weiteren Umsatzmöglichkeit zu suchen. Zudem wird das Projekt des „Hühnermobils“ als Beispiel ländlicher Direktvermarktung vom Land Rheinland-Pfalz gefördert.
Metzen ist nicht der Einzige, der aufs Huhn gekommen ist. Nachahmenswert ist vielleicht seine Idee des individuellen Hühnerschutzes gegen Greifvögel wie Habicht oder Turmfalke, sowie den Fuchs: „Paul und Paula“ heißt das Ziegenpaar, das bisher erfolgreich die „Hühner-Polizei“ spielt.
"Der Hof ist die Stammzelle aller Gompelmänner in Deutschland", meint Stefan Gompelmann
Da bräuchten Stefan und Elke Gompelmann fast schon eine kleine Ziegenherde. Rund um den traditionsreichen Hof in Euscheid bei Lünebach – er besteht seit Beginn des 18. Jahrhunderts und ist Stammzelle „aller Gompelmänner in Deutschland“, so Stefan Gompelmann - steht in wenigen Wochen schon das sechste der von dem Hersteller Weiland Stallbau aus dem hessischen Bad Sooden-Allendorf patentierten „Hühnermobile“ auf den hofeigenen Wiesen.
An die 1700 Hühner legen um die 1500 Eier täglich, und Gompelmanns sind stolz darauf, dass die Hildes – „alle Hühner heiße bei uns Hilde“ (Elke Gompelmann) - das in anerkannter Bioland-Qualität tun. Das ist natürlich ein Verkaufsargument in den Inhaber geführten Supermärkten in Wittlich, Daun, Gerolstein oder Jünkerath, in denen die Eier von den glücklichen „Hildes“ aus Euscheid zu finden sind. „Das macht 80 Prozent des Umsatzes aus“, so Elke Gompelmann. Die restlichen 20 Prozent kommen aus dem Ab-Hof-Verkauf. Dafür haben die Landwirte 2019 das „Bio-to-Go“-Verkaufscontainer aufgestellt. Hier gibt es neben den Eiern etwa Wurst, Griebenschmalz, Nudeln oder Eierlikör.
Gompelmanns, die neben Rindern auch Schweine und Masthühner halten, haben sich wie Simon Metzen so seit 2015 ein neues Erlösstandbein geschaffen. „Doch der Clou ist der Dinkelspelz, also die Hülle der Dinkelkörner, in die unsere Hühner besonders gerne ihre Eier legen“, verrät Elke Gompelmann das aus ihrer Sicht vielleicht entscheidende Erfolgsrezept. Täglich, zuverlässig – „und sonntags auch mal zwei“, wie es im bekanntesten Hühnerlied „Ich wollt, ich wär‘ ein Huhn…“ von 1936 heißt.
„Vom Medienhype wurden wir ehrlichgesagt etwas überrannt.“ Markus Göbel steht am Ortsrand von Bleckhausen bei Manderscheid und staunt immer noch. Er ist Ortsbürgermeister des 300-Einwohnerdorfes und kann vom „Trend zum Huhn“ einiges erzählen. Dabei ist eigentlich nichts Besonderes passiert. Sie haben eben im Dorf diese Gruppe gegründet: die „Hühnergruppe“. Und dem Federvieh einen Stall gebaut.
Die Corona-Idee: Wir bauen uns einen Dorf-Hühnerstall
Doch dann wurden erst die lokalen Medien, dann das Regionalbüro Trier der Deutschen Presseagentur hellhörig: Die Corona-Idee - Wir bauen einen Dorfhühnerstall! Da nahmen die Dinge ihren Lauf. „Die Anfragen kamen schnell“, so Göbel. Wie das denn nun gehe, wollten viele wissen.
Seit einigen Wochen sind so 17 Haubenhühner, Sussex-Hühner, Vorberg-Hühner, Blau- und Goldsperber, Grün- und Rotleger – die Eier sind dunkelbraun und gefleckt - dazu seit dem 1. Februar zwei sich nicht gerade gut gesonnene Hähne die Stars von Bleckhausen. Reporter steigen immer wieder ins 400 Quadratmeter große, mit einem Schutznetz vor Beutegreifern geschützte Freilaufareal und staunen.
Ja, das habe eben 2019 nach dem Erfolg des ersten Bleckhausener Dorfmarktes so seinen Lauf genommen, erklärt Bürgermeister Göbel. Im Februar 2020, „auf jeden Fall vor Beginn der Pandemie“, wurde es konkreter. Die Gemeinde stellte das benötigte Grundstück am Ortsrand zur Verfügung. Ein Kleinbagger wurde bestellt, die Bleckhausener Hühnerfreunde machten sich voller Idealismus und natürlich ehrenamtlich an die Arbeit.
17 Hühner legen jetzt täglich 14 bis 15 Eier – im vergangenen April waren es 392, Rekord. Nun gilt es, die 400er-Monatsmarke zu knacken. Das tun Bleckhausens Dorfhühner, die von neun Familien und Einzelpersonen betreut werden, unter dem schmucken Satteldach ihres großzügigen Stalls mit der Klappe zum ebenfalls großzügigen, mit einigen Unterschlupfmöglichkeiten bestückten Freiluftareal. Wenn sie es denn wollen.
Mehr Wahlfreiheit geht huhnmäßig kaum, denn auf Menge müssen sie ja nichts legen, was eigentlich der Lebenszweck des Legehuhns ist. Und auch der Suppentopf wartet nicht, denn „unsere Hühner können bis an ihr natürliches Lebensende bleiben“, so Bürgermeister Göbel. Das nennt man Hühnerglück. „Die Eier des Tages kriegt der, der den Stalldienst macht“, so Göbel zur Streitvermeidungsstrategie unter den Stallwarten aus Bleckhausen.
Gelder sogar von der EU fürs Gemeinschaftsprojekt
Mit Spenden der Kreissparkasse, der Volksbank, der Bürgerstiftung Lepper, aber auch durch das LEADER-Förderprogramm für lokale Kleinprojekte (2000 Euro) wurde das Bleckhausener Vorzeigeparadies des Huhns wahr. Auf dem Dachfirst grüßt ein Hahn als Wettervogel, auf dem kleinen gepflasterten Vorplatz mit Terrassenstühlen für den Wach- und Stalldienst fehlen nur noch die Sitzkissen und der Sommergrill. An der Stallseite wurde sogar ein Häuschen mit dem geschnitzten Herzchen in der Türe aufgebaut, bunte Bellis blühen in den Blumenkästen.
„Unser Dorfhühnerstall hat sich mittlerweile zum Dorftreffpunkt entwickelt“, freut sich Ortsbürgermeister Göbel und weist auf die Sitzbank unweit des Areals. In der Nähe sind zudem der Dorfspielplatz, ein Sportplatz, ein Buckelparcours für Mountainbike-Sportler. Eine Blühwiese soll dazu kommen, so Göbel. Oder die Bleckhausener Dorfkartoffeln, der Dorfhonig. Alles denkbar, so sich dafür aus dem Dorf welche finden, die es auch umsetzen wollen.
Anderes muss gemacht werden, das fordert das Baugesetz. Da mit dem Hühnerstall und dem kleinen Platz davor öffentliches Gelände versiegelt wurde, ist eine Ausgleichsmaßnahme in gleicher Größe fällig. „Wir müssen jetzt vier Bäume pflanzen“, erklärt Bürgermeister Göbel. Dafür finden sie in Bleckhausen dann garantiert auch noch die ehrenamtlichen „Baumpaten“. (sli)
Fotos: Stefan Lieser