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Sagenhafte Eifel

stefan lieser spuk suerthgens mossel 2Geht der Untote im Hundefell noch um? Das Denkmal für „Sürthgens Mossel“ in Bergstein in der Gemeinde Hürtgenwad erinnert an die missglückte List eines Befehlshabers der Truppen Kaiser Karls V. bei ihrem Feldzug gegen die Burg Nideggen im16. Jahrhundert. Die „sagenhafte Eifel“, die Eifel der Legenden, der Schauergeschichten, der wunderlichen Begebenheiten und geheimnisvollen Rätsel hat schon viele Autoren und Autorinnen beschäftigt. Man würde vermutlich eine kleine Bibliothek aus Büchern und Aufsätzen zum Thema in Heimatzeitschriften oder Beiträgen in der regionalen Tagespresse zusammenstellen können. Wir gehen hier einmal einen anderen Weg und widmen uns dem Thema mit einer kleinen Eifelreise. Wenn es schon seltsam und mysteriös wird, dann kann es ja trotzdem dabei auch schön sein. Gerade in der Eifel!

Wer den Eifelsteig wandert, der kommt hier vorbei: Mitten im Wald oberhalb der Ruine der Löwenburg von Gerolstein steht die unter Gerolsteinern und Gerolsteinerinnen bekannte und beliebte „Büschkapelle“ am Wegesrand. Um ihre Entstehung rankt sich eine Legende, die rund 200 Meter weiter ihren Ursprung haben soll.

stefan lieser spuk grafenkreuz 2 KopieDer Vorläufer der heutigen Büschkapelle im Gerolsteiner Stadtwald wurde aus Dankbarkeit für die Rettung vor einem Mordanschlag gestiftet. Im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts soll im Gerolsteiner Wald das Grafenpaar Manderscheid-Blankenheim-Gerolstein hier auf der Rückfahrt in der gräflichen Kutsche von einem Besuch bei der befreundeten Grafenfamilie im heutigen Oberkail unterwegs gewesen sein. Da habe die Gräfin ein immer stärkeres Unwohlsein ergriffen, schließlich bat sie ihren Gatten, den restlichen Weg zur Löwenburg oberhalb von Gerolstein zu Fuß gehen zu können. Graf Karl-Ferdinand willigte ein, das Paar machte sich auf den Eichenpfad. Als es ein Stück des Weges zurückgelegt hatte, habe es Schüsse gehört, dadurch noch zusätzlich beunruhigt eilte man zurück zur Burg.

Ein Schuss durchlöcherte de Hut des gräflichen Kutschers...

Was genau passiert war ist nicht mehr überprüfbar. In verschiedenen Varianten der Legende vom Überfall soll aber ein Räber namens Jardin aus Gees alleine oder mit Kumpanen der Kutsche aufgelauert habe. Schüsse wurden abgegeben, eine Kugel durchschoss den Hut des Kutschers. Die Vorderpferde des Vierspänners gingen aufgeschreckt in die Höhe, die Kutsche erreichte schließlich die rettende Burg. Der des Mordanschlags verdächtigte Jardin wurde auch wegen weiterer Mordtaten zu Tode verurteilt und gehängt.

Das Grafenpaar jedoch sah seine Rettung als ein glückliches und göttliches Zeichen. Zunächst ließ Graf Karl-Ferdinand an der mutmaßlichen Stelle des versuchten Überfalls das „Grafenkreuz“ errichten, das im Volksmund auch „Röppelskreuz“ genannt wird, nach einem Eremiten, der unweit wohnte. Der untere Teil des Kreuzes ist noch Original aus dem Jahr 1680, der obere wurde 1972 erneuert und zeigt das Wappen der Grafschaft Gerolstein. Eine Inschrift bezieht sich auf die Begebenheit.

Die Gräfin allerdings drängte ihren Gemahl eine Kapelle errichten zu lassen, wie sie es nach der Rettung gelobt hatte. Das kleine Gotteshaus verfiel nach Kriegswirrnissen und der Flucht der gräflichen Familie nach Böhmen allerdings zunehmend. 1852/53 errichtete die Familie Daubach aus Gerolstein die heutige „Büschkapelle“, die auch als Wallfahrtsstätte bekannt ist.

In der gesamten Eifel git es Gedenkkapellen oder Wegkreuze, die mit der örtlichen Geschichte und Sagenwelt eng verbunden sind.

In der gesamten Eifel gibt es Gedenkkapellen und noch mehr Gedenkkreuze: Sie gemahnen etwa an die glückliche Verschonung eines Dorfes während der früheren Pestwellen, oder erinnern an Naturereignisse wie das „Hagelkreuz“ bei Nettersheim-Buir, an schreckliche Ereignisse wie im Gerolsteiner Stadtwald, oder sind gestiftete Gelöbnisse wie  das „Schwarze Kreuz“ bei Manderscheid im Eifelkreis Bitburg-Prüm an der Landesstraße Lichtenborn-Krautscheid. Der Gerber und Händler Eligius Matthias Kerscht aus Waxweiler habe es aus Dankbarkeit errichten lassen, weil ihm die Flucht vor Straßenräubern gelang, heißt es auf einer Infotafel der Tourist Information Arzfeld.

stefan lieser spuk witschhaus kerpenDas „Witschhaus“ in Kerpen: Warum sprangen die Erbsen aus den Gläsern? Nun in die Vulkaneifel, aber dieses Mal nicht zu den viel beschriebenen Maaren, etwa dem Weinfelder Maar und seiner Sage vom im dunklen Gewässer untergegangenen Dorf oder einem geheimen Unterwasser-Schloss, wie es auch im Laacher See zu finden sein soll. Nein, Ziel ist das putzige Kerpen nahe Hillesheim.

Die Fritz-von-Wille-Straße und ihre Nebengassen bilden unterhalb der markanten Burg das historische Zentrum von Kerpen. Eine Idylle, die im Ortsdialekt nur „in ooser Eck“ genannt wird. Unterhalb der Burg bilden abgehende Gassen und Winkel das Viertel.

Etwas oberhalb davon ist die Gasse „Am Hermesturm“ Ort eines bis heute ungelösten Rätsels. Auf der linken Seite steht ein lange Jahre verfallenes Häuschen, eng an die Reste der ehemaligen Schutzmauer geschmiegt. Das Kerpener „Spukhaus“ wirkt auch heute noch auffällig unauffällig. Erbaut wurde es um 1850, wie viele Häuser drum herum. Es war einst die Adresse eines Krämerladens. 1908, so die Legende, geschah im Kaufladen Merkwürdiges: Die Erbsen seien aus den Gläsern gesprungen, auch die Socken aus dem Wäschekorb.

Der "Goloring" in der Osteifel: kein  Sagenort, sondern keltische Kultstätte.

Drei Tage lang sei das so gegangen. Ein Erdbeben löste den Spuk nicht aus, heißt es. Was das Gerappels noch unheimlicher macht. Um 1920 jedenfalls stand das „Witschhaus“, so der Dialektausdruck, leer. Nachher gab es wechselnde Besitzer, aber das Gebäude wurde nicht mehr bewohnt. Vor fünf Jahren hat ein Architekt aus Bonn das „Spukhaus“ gekauft und saniert. Kennt er den Ruf, den das Häuschen hat?

Nun weiter in die Osteifel. Man könnte etwa die Geschichte des Golorings an der A48 zwischen Bassenheim und Polch erzählen, oder der „Genoveva-Höhle“ bei tEtringen – wobei es die in der Eifel bekanntere Höhle dieses Namens bei Kordel gibt.

Etappenziel ist aber jetzt Burg Eltz, das in Stein gebaute Märchen, Schauplatz mehrerer Sagen. „Wobei die um Jungfer Agnes mir doch die liebste ist“, so Karl Graf zu Eltz, Hausherr einer der schönsten Burgen Deutschlands. Alois Mayer, Heimatkundler aus Daun, hat auch diese Geschichte wie viele andere in seinem Standardwerk „Ritter, Burgen, gold’ne Schätze – Die Burgen der Eifel und ihre Sagen“ aufgeschrieben.

stefan lieser spuk burg eltz KopieSchauplatz der Sage von der wehrhaften Jungfer Agnes: Burg Eltz, eine der schönsten Burgen Deutschlands. Das Burgfräulein Agnes spielt die Hauptrolle in der Sage vom „Durchlöcherten Harnisch“, die sie zu einer kleinen Jeanne d’Arc der Eifel macht. Jungfrau Agnes leistete einst im Harnisch ihres Bruders Widerstand bei einem Überfall auf ihre Heimatburg durch den von ihr verschmähten Braunsberger Junker. Dem war sie schon „in der Wiege“ als Gemahlin versprochen worden.

Es sei eines Nachts zu dem Überfall des Junkers auf die Burg Eltz gekommen, als der Graf zu einem Turnier bei einem Freund moselaufwärts weilte. Heimlich sei der Junker in die Burg eingedrungen und habe dort „Gewalt und Tod“ gebracht. Doch Agnes stellte sich ihm im kindlichen Harnisch entgegen. Vom Junker, der die von ihm so vergeblich Begehrte unter dem Klappvisier nicht erkannte, wurde die tapfere Kämpferin und Verteidigerin der Burg kurzerhand erschossen. „Die bleierne Kugel hatte den Harnisch durchschlagen und das Herz getroffen“, schreibt Alois Mayer“. Im Komtesszimmer der Burg findet sich noch heute ein kindlicher Harnisch, de an der Stelle des Herzens ein Loch aufweist.

stefan lieser spuk suerthgens mossel 3 KopieWie auf der Flucht: Das Denkmal für „Sürthgens Mossel“ in Bergstein in der Gemeinde Hürtgenwald.Vom Osten der Eifel geht es nun in den Norden, vorbei an den gallo-römischen Umgangstempeln etwa in Nöthen bei Bad Münstereifel, Zingsheim oder auf der „Görresburg“ bei Nettersheim – Gegenstand von zahlreichen Abhandlungen zum „Matronenkult“, etwa von Sophie Lange aus Nettersheim.

Ziel dieser „Spuk & Sagen“-Etappe ist aber erst die Gemeinde Hürtgenwald oberhalb der Rurseen. Von oberhalb der Pfarrkirche in Bergstein aus hat man einen wunderschönen Rund- und Weitblick in den Kreis Düren und die Zülpicher Börde. Eine Ecke der Buntsandsteinfelsen rund um Nideggen ist ebenfalls erkennbar.

Nur was unten im engen Rurtal liegt, entzieht sich von hier dem Blick. Hinab führt von Bergstein ein schmaler Pfad, das „Sürthgen“, wie es in Bergstein nur genannt wird. Auf dem Dorfplatz von Bergstein, unweit der Pfarrkirche, steht eine Bronzeskulptur, die mit dem Engpass direkt zu tun hat und vielen Rätsel aufgibt.

Dargestellt ist eine Männergestalt unter einem Hunde- oder Wolfsfell, mit einem gebogenen Messer bewaffnet. Er scheint auf der Flucht oder wie getrieben zu sein. Das ist „Sürthgens Mossel“, in etwa übersetzbar mit „der Hund, der vom Sürthgen kommt“, dem Pfad, der Bergstein mit der Pfarrkirche in Zerkall im Rurtal unweit von Nideggen verbindet. Glaubt man der Sage, die sich um die furchterregende Gestalt spinnt, ist „Sürthgens Mossel“ des Nachts unterwegs und spielt Menschen, denen er auf dem Pfad begegnet, übel mit oder führt sie ins Verderben.

Ein Franziskanerpater aus Vossenack beendete den Spuk. Er bannte "Sürthgens Mossel" in einer Bronzeskulptur. Wirklich? 

Die Geschichte dahinter spielt im 16. Jahrhundert, als die Truppen Kaiser Karls V. die Burg Nideggen des Herzogs Wilhelm V. von Jülich-Kleve-Berg belagerten. Die kaiserlichen Truppen hatten den Auftrag die Burg anzugreifen und einzunehmen. Ihr Anführer sollte einen geheimen Weg hinein ins Burginnere erkunden.

Um die Nideggener zu überlisten habe er sich daher in ein Hundefell gehüllt, heißt es, und auf den Weg gemacht. Sollte er sein Ziel erreichen, wollte er seinen Soldaten ein geheimes Zeichen geben. Sollte das aber ausbleiben, so sei davon auszugehen, dass er entweder gefangen genommen oder erschossen worden sei. Für diesen Fall hatte er sich geschworen, heißt es in den Quellen, Jahrhunderte lang sein Unwesen in der Gegend zu treiben. Als „Sürthgens Mossel“.

stefan lieser spuk eselslay auw a d kyll 3 KopieGedenkkreuz für einen legendären Sprung der drei Jungfrauen auf dem Rücken ihres Esels: Die „Eselslay“ oberhalb von Auw an der Kyll.Vom Graziasturm der Burg Nideggen erschossen die Wächter die sich annähernde seltsame Gestalt. Seitdem soll der Anführer der kaiserlichen Truppen tagtäglich den Weg von Bergstein nach Zerkall als Hund zurücklegen, auf ewig dazu verdammt.

1992 wurde dem Spuk ein Ende bereitet, als die von Franziskanerpater Laurentius Englisch aus dem nahen Kloster in Vossenack erstellte Bronzeskulptur auf dem Dorfplatz von Bergstein aufgestellt wurde. Nur manchmal, und es muss nicht Vollmond sein, glaubt man in Bergstein noch heute, dass auf dem „Sürthgen“-Pfad hinab nach Zerkall im Rurtal ein seltsamer Hund zu sehen sei, der scheinbar ziellos durch die Gegend streift. Oder ist es doch nur ein Fuchs?

Und noch einmal eine größere Reise durch die Eifel, jetzt vom Norden in den schönen Süden. Das Ferschweiler Plateau ist für Sagensucher eine wahre Fundgrube, alleine das „Fraubillenkreuz“ hat zahlreiche Autoren und Autorinnen zu den schönsten literarischen Ergüssen animiert. Unweit gibt es römische „Kistengräber“, keltische Burganlagen oder in der „Schankweiler Klause“ eine „Schwarze Madonna“.

wolfgang koster auwDie drei Jungfrauen auf ihrem rettenden Esel. Plastik über der Tür zur Sakristei in der Pfarrkirche von Auw an der Kyll. Foto: Wolfgang KosterWeiter östlich liegt das kleine Auw im Kylltal – nicht zu verwechseln mit Auw bei Prüm. Dieser Teil der Eifel in der Verbandsgemeinde Speicher wirkt immer noch wie im Dornröschenschlaf befangen, was kein Nachteil sein muss. Die Mariä Himmelfahrt Kirche von Auw an der Kyll gilt als eine der schönsten Barockkirchen der Südeifel. In der Kirche weist eine seltsame Holzplastik über der Tür zur Sakristei auf eine wundersame Begebenheit zur Zeit des Frankenkönigs Dagobert I. im ersten Drittel des 8. Jahrhunderts hin.

Drei Königsschwestern springen über die Kyll.

Zu sehen sind drei Schwestern des Königs: Irmina, Adele und Chlothilde hatten sich anders als ihr Bruder zum Christentum bekannt und lebten in einem Kloster in der Südeifel. Das wollte ihr Bruder nicht dulden und schickte Häscher aus, sie zu ergreifen. Als sie gottesfürchtigen Schwestern davon erfuhren, sollen sie auf einem Lastesel in den Wald geflohen sein, doch die Verfolger kamen immer näher.

Da hätten Irmina, Adele und Clothilde auf dem Esel auf einmal die jäh 35 Meter tief abstürzende Klippe oberhalb der Kyll erreicht. Es gab kein zurück – doch wie weiter? Schließlich hätten sich die Schwestern ganz der Gottesmutter anvertraut, die Mittlere verband sich aus Angst vor dem Sprung in die Tiefe die Augen. Der Esel setzte zum Sprung an.  

Dort, wo er wieder mit den drei Schwestern wohlbehalten aufsetzte haben die Auwer später ein Kreuz aufgestellt, auch auf der Lay, dem Absprungfelsen, der seitdem Eselslay heißt. Doch die Verfolger der drei frommen Königsschwestern stürzten mitsamt ihren Pferden in die Tiefe und ertranken in der tosenden Kyll.

Irmina, Adele und Clothilde gelobten für ihre wundersame Rettung in Auw ein Kapellchen zu errichten. Es gilt als die Urzelle der späteren Wallfahrtskirche und heutigen Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt. Über der Tür zur Sakristei haben die drei mutigen wie gottesfürchtigen Klosterschwestern auf dem sie rettenden Esel ein Denkmal gefunden. (sli)
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