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Gib den Waden eine Stimme!

etappe hillesheim bewingen bahnwartehaeuschen bewingenDas alte Bahnwartehäuschen in Bewingen. Foto: GrundheberMIRBACH – HILLESHEIM - BEWINGEN

Nach dem Tag des großen Durstes hatte Roland Grundheber Glück: „Der Weg von Mirbach, wohin mich der Pensionswirt aus Blankenheim am Morgen gebracht hatte, nach Hillesheim war erst mal sehr schön schattig, und ich hatte zwei Liter Wasser dabei. Davon gab es später im Überfluss – am „Dreimühlen-Wasserfall“ unterhalb von Nohn. Hier kühlte sich unser EIFEL-HAUTNAH-Karikaturist den Kopf, erreichte in der Folge Kerpen, wo er im „Kleinen Landcafé“ eine Pause machte, bevor es weiter zum Etappenziel ging.

In Hillesheim wurde es am späten Nachmittag unterhaltsam: Vor dem „Krimi Café Sherlock“ sei er zusammen mit dem Meister des schwarzhumorigen Kurzkrimis Ralf Kramp ins Philosophieren geklommen. „Danach war klar: Die Welt hat ein paar Probeme mehr“, so Grundheber.

Wie es sich für eine Übernachtung in „Deutschlands Krimihauptstadt“ gehört, hatte Grundheber ein Zimmer im „Hotel zum Amtsrichter“ gebucht, wo die Gäste ehemalige Arrestzellen beziehen. Es sei angemessen karg ausgestattet gewesen, so Grundheber zum Ambiente, andererseits hatte er als in dieser Nacht einziger Gast des guten Hauses am nächsten Morgen auch das Frühstücksbuffet ganz für sich alleine.

Dier Sonntag sollte dann zum Schicksalstag eines Eifelsteig-Wanderers werden. „Durch das Bolsdorfer Tälchen ging es noch gut, doch kurz hinter Bolsdorf begann die rechte Wade zu pumpen, die schon die ganze Zeit durch die Fehlhaltung aufgrund der Sprunggelenksverletzung am linken Fuß überlastet war“, so Grundheber. Eine Wade ist schließlich auch nur Teil eines Menschen.

Er habe sich dann noch über den Radwanderweg nach Bewingen unterhalb der Kasselburg geschleppt – „die Strecke nach Gerolstein ist so fünf Kilometer kürzer als über den Eifelsteig“ - , doch dann war Schluss. Am wild zugewachsenen ehemaligen Bahnwartehäuschen der Eifelstrecke Köln-Trier musste er feststellen: „Heute fährt hier nix mehr!“ Und zu Fuß ging‘s auch nicht weiter.

etappe hillesheim bewingen dreimuehlenwasserfallDer Dreimühlenwasserfall unterhalb von Nohn. Foto: GrundheberEin Bewinger erhörte wenig später sein Flehen und rief dem mühsam Humpelnden ein Taxi aus Hillesheim, das Grundheber zum Bahnhof nach Gerolstein brachte. Von dort aus kutschierte ihn die Deutsche Bahn zurück nach Hause, nach Trier.

„In meiner mehr als 20-jährigen Praxis habe ich noch keinen erlebt, der mit einer solchen Verletzung noch 100 Kilometer gewandert ist.“ Das sei der fassungslose Kommentar seines Hausarztes am heutigen Vormittag gewesen, so Grundheber. Der Mediziner empfahl, das Sprunggelenk zu röntgen – doch Grundheber winkte ab: „Morgens war die Schwellung doch immer weg, die kam zurück durch die Bewegung. Dafür muss ich nicht verstrahlt werden“. Immerhin besorgte er sich die verschriebene Schutzbandage.

Sein wahres Mitgefühl aber gilt seitdem seinen beiden Füßen, die „offenbar gut miteinander können“, und ihn so weit getragen haben, vor allem aber der rechten Wade, die den Dienst für die Linke übernahm, bis sie sich einfach verhärtete.

Er habe daher entschieden, den „Bundesverband der Wadenverhärter“ zu gründen (BWV), in Anerkennung der Stützleistungen eines Körperteils, der bisher „nur als Accessoire“ wahrgenommen wurde. Gründungsort soll Bewingen sein. „Gib den Waden eine Stimme!“ appelliert Grundheber entschieden.

Und sonst?

rg es logo 1 ebeneEr nehme jetzt eine Zwangshalbzeitpause, so Grundheber, doch im nächsten Jahr soll es auf dem Eifelsteig weitergehen. Von Bewingen nach Trier. Der Eifelsteig sei schließlich, so der passionierte Wanderfreund, „eine wunderschöne Strecke,  holprig, hat seine Tücken, ist mit allen Wassern gewaschen; aber er ist auch traumhaft, faszinierend und vielseitig – wie eine schöne Frau!“ (sli)

Ende

Zeichnung: Grundheber/Collage: Lieser